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laStaempfli
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Das Gespräch mit Irmgard Kramer und Regula Staempfli ist voller Überraschungen, umwerfend klar und berührend. Es fand im heissen Sommer 2022 in Wien an der Grossen Neugasse statt und wird unsere Hörer und Hörerinnen erschüttern. Irmgard Kramer ist eine der besten Schriftstellerinnen in Österreich, sie schreibt Jugend- und Kinderbücher, die poetisch sowie aufklärerisch im besten Sinne sind und sich eigentlich hervorragend für diverse Verfilmungen eignen würden. Das feine Gespräch über Herkunft, Traumata und die Geduld beim Bücherschreiben ist eine grosse Liebeserklärung an Bildung, den Kinder- und Jugendroman und das STORYTELLING mit POESIE. Einmal mehr zeigt sich, dass Menschenleben durch Worte transformiert werden.

Am Ende der Welt traf ich NOAH. Regula Stämpfli hat dieses noch nicht gelesen, sondern ist begeistert von der „Die indische Uhr“. Für weitere ,zahlreiche Werke, die auch im Podcast erwähnt werden, siehe irmgardkramer.at

Zu ihrer Person schreibt Irmgard Kramer selber:

„Im Frühjahr 1969 kam ich als zweites von drei Mädchen zur Welt. Kurz danach versank ich in der Welt der Geschichten. An meinem ersten Schultag trug ich rote Hausschuhe, malte ein Bild mit Sonnenblumen und einem Brunnen und fragte mich, wer da drinnen wohnte. Dann lernten wir das große I. In den Ferien vermisste ich die Schule. Ich wollte Lehrerin werden. Nur Diktate würde ich nie geben. Mit neun schrieb ich Abenteuerromane, die lasen sich so: „Hey, lass uns ein Abenteuer erleben.“ „Au ja, welches?“ „Wir könnten einen Drachen besiegen.“ „Au ja, welchen?“ „Wir könnten auch eine Prinzessin befreien.“ Mit elf verdiente ich mein erstes Geld mit Schreiben – meine Oma gab mir zehn Schilling für die Deutsch-Schularbeit „Vor Filmbeginn“. Mit dreizehn verliebte ich mich und schrieb Tagebuch. Mit fünfzehn verliebte ich mich und schrieb Briefe an meine beste Freundin. Mit siebzehn verliebte ich mich und schrieb Gedichte. Dann wurde ich Volksschullehrerin und schrieb ziemlich viel. Das Meiste für mich selbst, viel aber auch für meine Schüler. Ich schrieb Hausaufgabentexte, Texte für Sachaufgaben, Texte für Deutsch-Übungen, am liebsten aber schrieb ich Briefe als Egidius, das Schulgespenst. Jeder konnte an Egidius schreiben und bekam Antwort. Viele Kinder vertrauten Egidius ihre Geheimnisse an. Wenn ich heute ehemalige Schüler treffe, sprechen sie immer noch gern von Egidius. 2004 passierte in meiner Familie ein Unglücksfall. Dies war für mich der Auslöser, unbedingt einen Roman schreiben zu wollen. Vielleicht weil ich erlebt hatte, wie schnell das Leben vorbei sein kann. Also schrieb ich die Geschichte von einem Jungen namens Noah. Dafür brauchte ich zwei Jahre. Ich verschickte den Roman an vierzig Verlage, aber keiner wollte ihn haben. Ich las die Biografien anderer Autoren und fand heraus, dass es oft zehn Jahre dauert, bis man einen Verlag findet. Außerdem hörte ich, dass man etwas 10.000 Stunden machen muss, bis man gut darin ist. Das gilt fürs Klavierspielen, fürs Fußballspielen und fürs Schreiben. Ein bisschen Talent reicht nicht. Ausdauer scheint wichtiger zu sein. In Seminaren und in einem Studium, das ich mit einem Master abschloss, versuchte ich das Schreibhandwerk zu lernen. Ich schrieb und sammelte Absagen und schrieb weiter. Gleichzeitig merkte ich, dass ich nicht mehr in die Schule gehen wollte. Ich wurde immer unglücklicher und müder. Im Juli 2010 räumte ich mein Klassenzimmer leer, verstaute meine Schulsachen in einem Keller und machte ein Sabbatjahr. Im gleichen Jahr erschien im Oktober bei Bucher mein erster Jugendroman „Die Indische Uhr“ und ich las an vielen Schulen. Dann musste ich mir überlegen, wie es weitergehen sollte. In einem Moment des Zweifelns fragte mich eine Werbeagentur, ob ich nicht Lust hätte, für das Bordmagazin der Hohentwiel – ein Schaufelraddampfer am Bodensee – eine Piratengeschichte zu schreiben. Ich hatte Lust. Daraus entstanden viele Folgeaufträge. Obwohl ich diese Arbeit nie gesucht hatte, konnte ich plötzlich mit Schreiben meinen Lebensunterhalt verdienen. Ein Jahr später hatte ich noch mehr Glück. Christiane Düring von der Agentur „Scripts for Sale“, die heute „Die Buchagenten“ heißt, öffnete mir alle Türen, und als ich 2012 bei Loewe einen Vertrag für drei Kinderbücher unterschrieb und das Erscheinungsjahr 2014 sein sollte, bekam ich Gänsehaut: Es hat genau zehn Jahre gedauert.“